Hat die Liebe noch eine Chance? – Sollen wir uns trennen?

„Sollen wir uns trennen?“ ist eine häufig gestellte Frage die mir in der Paarberatung begegnet. Paare die an einem Scheideweg stehen und nicht genau wissen, wie sie mit einer Affäre, einem Betrug oder Fremdverliebtsein umgehen sollen. „Sollen wir uns trennen? Halten wir an dieser Beziehung fest, obwohl sie uns nicht mehr gut tut? Wegen der Bequemlichkeit? Wegen der Kinder? Wegen der Vergangenheit? Wie soll die Verletzung jemals heilen?“

Oftmals kann und sollte die Entscheidung, Trennung oder nicht, nicht leichtfertig getroffen werden, vor allem, wenn Kinder involviert sind.

Die Hälfte der Paare, die mit irgendeiner Form von Betrug in der Partnerschaft zu kämpfen haben, geht den Weg als Paar weiter. Sie nehmen die Herausforderung und den damit verbundenen Schmerz (im Übrigen auf beiden Seiten) an und haben die Chance, in stärkerer Verbundenheit miteinander aus dem Prozess zu gehen.

Die andere Hälfte trennt sich. Das ist nicht die schlechtere Alternative, denn auch eine Trennung kann am Ende Wachstum bedeuten. Lebensklug ist es, genau hinzuschauen, welchen Weg wir als Paar wählen wollen und um keine Kurzschlusshandlungen zu vollziehen.

In einer repräsentativen Befragung des Datingportals Parship gaben 52% der Deutschen Befragten an, selbst einen einmaligen Seitensprung nicht verzeihen zu können. Ob die Befragten tatsächlich schon einmal betrogen worden waren, geht aus der Studie nicht hervor. Allerdings sind es häufig die betrogenen Partner, die zu mir als Paarberaterin Kontakt aufnehmen um eine Lösung zu finden.

Fremdgehen hat verschiedene Ursachen und in den seltensten Fällen tatsächlich mit dem Partner zu tun. Darum macht es Sinn, vor allem wenn auch Kinder involviert sind, die Partnerschaft als Ganzes zu hinterfragen und auf den Prüfstand zu stellen. Die Affäre/ Seitensprung ist häufig nur das Symptom für etwas ganz anderes. Daran gilt es zu arbeiten.

Eine Partnerschaft oder Ehe aufgrund eines Seitensprungs zu beenden kann eine Lösung sein, besonders wenn es um die Wiedergutmachung der eigenen Egoverletzung geht. Wenn sie aber ansonsten ein super Team sind, gut funktionieren und eine liebevolle Familie sind und sie sich auch in allen anderen Bereichen aufeinander verlassen können, lohnt es sich noch einmal genauer hinzuschauen.

Erste Hilfe für betroffene Betrogene

Betrug und Fremdgehen ist fast immer mit unsagbarem Schmerz verbunden, körperlich und seelisch. Viele Betroffene geraten so in Stress, dass sie nicht mehr essen können, nicht mehr schlafen, die Gedanken kreisen um das EINE Thema. Manchmal sprechen Ärzte sogar von einer posttraumatischen Anpassungsreaktion, die mit Arbeitsunfähigkeit einhergehen kann. Man mag vielleicht denken, dass das ein wenig übertrieben ist. Wenn man jedoch genauer hinsieht passiert folgendes: Die Verbundenheit mit einem Partner, besonders in Familien mit Kindern muss zwangsläufig mit einem tiefen Vertrauen einhergehen. Wer sich nicht einlässt, kann sich nicht einlassen (ist folglich auch weniger verletzlich, aber das ist ein anderes Thema) Aus diesem Grund schmerzt ein buchstäblicher Vertrauensbruch so heftig, weil der Betrogene häufig arglos ist, Bauchgefühle nicht wahrhaben wollte und ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Betroffene berichten von einem Gefühl der Machtlosigkeit.

Hier setzt unser Reptiliengehirn ein, der Bereich im Gehirn, der für lebensbedrohliche Situationen zuständig ist. Dieser Teil des Gehirns hat keine Muße sich mit Alternativen Verhaltensweisen zu beschäftigen. Hier gilt erst einmal rennen, kämpfen, totstellen.

An diesem Punkt gilt es, aufgrund der gut gemeinten Reaktion unseres Überlebensmodus keine übereilten Entscheidungen zu treffen.

Was kann ich tun?

Anleitung in 6 Schritten

  1. Ganz wichtig, cool down! Nehmen sie sich eine Auszeit, wenn es geht. Fahren Sie zu Freunden oder Verwandten. Vermeiden Sie jedoch möglichst detaillierte Auswertungen dort über das Fehlverhalten ihres Partners. Ganz sicher kann das zu schwierigen Konstellationen und Gesichtsverlust führen, sollten sie sich doch zur Weiterführung ihrer Partnerschaft entschließen. Informieren sie ihren Partner über diesen Schritt. Ja, er hat sie verletzt und sich unmöglich benommen, aber Bestrafung mit Ignoranz führt schnell in den Kreislauf aus verzweifelter Kontaktaufnahme, Schuldgefühlen und Verteidigung, bis hin, dass der Partner sich in einer Kurzschlussreaktion trennt, weil der Druck der Schuldgefühle und des „in der Luft hängens“ nicht auszuhalten ist.
  2. Versuchen sie ihre Gedanken zu sortieren und Gedankenschleifen zu unterbrechen. Machen sie Notizen zu den Fragen, die sie beschäftigen. Was wir aufschreiben, muss nicht weiter und weiter gedacht werden. Vermeiden sie Analysen warum, weshalb wieso der Partner so gehandelt hat. Die Ergebnisse dieser Analysen sind meist Projektionen und fallen selten positiv für den Selbstwert aus. Heben Sie sich diese Fragen für ein späteres Gespräch auf.
  3. Tun sie Dinge, die ihnen gut tun, auch wenn sie im Moment lieber im Schmerz schwelgen wollen. Nehmen sie ihre verletzte Seele an die Hand und geben sie ihr die Liebe und Fürsorge, die sie braucht, wie ein verletztes Kind (denn das ist sie hier am Ende). Treiben sie Sport, kochen sie etwas, verfolgen sie ein Hobby, machen sie Spaziergänge und gehen sie unter Menschen. Vermeiden sie auf jeden Fall, ihren Schmerz mit Alkohol oder anderen Drogen zu betäuben. Das ist nur für den Moment hilfreich, wird sie aber wie ein Bumerang mit voller Wucht treffen. Sie nehmen sich so die Möglichkeit authentische Emotionen zu fühlen und klare, wirksame Entscheidungen zu treffen.
  4. Suchen Sie das Gespräch mit dem Partner. Sie haben vielleicht schon ein paar Fragen notiert (Punkt 2) an denen sie sich orientieren können. Bedenken Sie, Fragen, die das Gegenüber an die Wand stellen oder indiskret sind, können nicht ehrlich beantwortet werden, ohne dass es zu erneuten Verletzungen kommt. Ist sie /er attraktiver als ich? Was habt ihr genau gemacht? Warum hast du nicht an mich gedacht? Ist dir alles egal? Sind nicht zielführend und haben das Potenzial, jegliche Gesprächsbereitschaft zu eliminieren. Denken Sie immer daran, es hat nichts mit ihnen als Person zu tun! Sie sind völlig in Ordnung wie sie sind!
  5. Natürlich können sie mitteilen, wie es ihnen geht, dass sie verletzt sind, traurig, betroffen, sich vielleicht unattraktiv fühlen, oder nicht geliebt. Bleiben sie bei den Beschreibungen aber möglichst bei sich. Du bist schuld, dass ich mich so fühle! ist erfahrungsgemäß ein Killersatz. Er setzt das gegenüber schachmatt und macht sie selbst zum Opfer und somit handlungsunfähig. Schnell geraten sie in die Abhängigkeit, der andere möge dafür sorgen, dass das Gefühl aufhört. Nur sie selbst haben es in der Hand zu bestimmen, wie sie sich fühlen. Wenn der Partner, aus welchen Gründen auch immer, nicht bereit ist, die Situation zu verändern, können sie die Situation verändern.
  6. Suchen sie sich professionelle Hilfe. Paarberater können Gespräche moderieren und helfen, Emotionen konstruktiv zu lenken. Sie können übersetzen und nicht zuletzt mit ihnen den Grund der Misere hinterfragen und bearbeiten.

 

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